Ein Beitrag von Birgit Kogler BSc, Diätologin:
https://www.ernaehrungsberatung-kogler.at/

BCAA für stärkere Muskeln: Was bringen sie wirklich?

Wer Kraftsport betreibt, Muskeln aufbauen möchte oder sich allgemein für Sporternährung interessiert, ist bestimmt schon öfters auf die Abkürzung „BCAA“ gestoßen. Hinter diesen Buchstaben verstecken sich spezielle Aminosäuren. Diesen werden positive Effekte auf Muskelzuwachs und Leistungsfähigkeit zugesprochen. BCAAs, vom Englischen „Branched Chain Amino Acids“, werden als Supplement in Kapsel- oder Pulverform am Fitnessmarkt angeboten und lassen die Kassen klingeln. Doch was steckt dahinter? Geldmacherei oder das Erfolgsrezept für schnellen Muskelaufbau?

Wie bereits im vorangegangenen Blogbeitrag zum Thema „Eiweißbedarf im Sport“ beschrieben, werden körpereigene Proteine aus 20 verschiedenen Aminosäuren aufgebaut. 8 davon sind essenziell und müssen über die Nahrung zugeführt werden. 3 dieser essenziellen Aminosäuren werden aufgrund ihres chemischen Aufbaus als verzweigtkettige Aminosäuren – kurz BCAAs – zusammengefasst:

Leucin Isoleucin Valin

Funktion, Vorkommen und Bedarf.

BCAAs sind vor allem für das Gehirn, für die Energieversorgung des Körpers und für die Muskelfunktion wichtig. Postulierte Effekte sind:

  • Verbesserter Muskelaufbau
  • Verhinderung einer negativen Proteinbilanz (Muskelabbau)
  • Verbesserte Energiebereitstellung
  • Baustein der Glukoseproduktion (Gluconeogenese)

Vor allem aufgrund der positiven Effekte auf Muskelerhalt und -aufbau wurde das Interesse im Sportbereich geweckt. 35 Prozent des Muskelproteins bestehen aus diesen Aminosäuren. So werden heutzutage viele BCAAs-Supplemente verkauft, die mit lockenden Versprechen werben. BCAAs zählen mittlerweile zu den meist-verkauften Sportsupplementen am Fitnessmarkt.

Doch BCAAs kommen auf ganz natürliche Weise in vielen verschiedenen Lebensmitteln vor, sodass bei einer ausgewogenen, eiweißangepassten Ernährung ausreichende Mengen davon aufgenommen werden:

Lebensmittel mit BCAAs
Milchprodukte, v.a. im Molkenprotein enthalten
Fleisch, Fisch
Nüsse
Hülsenfrüchte

So liefern beispielsweise 100 g Hühnerbrust ca. 4 g BCAAs. Spezielle BCAA-Supplemente enthalten pro Kapsel 250 bis 600 mg, hochwertige Sportshakes auf Molkenproteinbasis liefern pro 20 g Eiweiß 4 g BCAAs. Um also dieselbe Menge an BCAAs aufzunehmen, müssten 7-16 Kapseln geschluckt werden.

Bezüglich des Bedarfs von BCAAs können keine genauen Angaben gemacht werden, da die wissenschaftliche Evidenz unzureichend ist. Die Empfehlungen reichen von einer geschätzten Menge von 10 bis 40 g täglich bis hin zu konkreten Milligramm-Angaben pro Kilogramm Körpergewicht.

BCAAs für Muskelaufbau.

Vor allem Kraftsportler:innen greifen zu BCAA-Supplementen, um den Muskelzuwachs zu stimulieren. Tatsächlich können BCAAs anabole Stoffwechselvorgänge aktivieren und damit die Muskelproteinsynthese unterstützen. BCAAs haben gegenüber anderen Aminosäuren den erheblichen Vorteil, dass sie nach Einnahme über direktem Weg in die Muskelzellen eingeschleust werden und die Leber als zentrales Stoffwechselorgan umgehen.

Klingt in der Theorie also verlockend, die Praxis liefert hingegen andere Ergebnisse. So konnte in Studien zwar eine Korrelation zwischen der Einnahme von BCAAs und einer erhöhten Muskelproteinsynthese nachgewiesen werden, der Effekt war aber nach Zufuhr eines gesamten Proteins (v.a. Whey-Protein) deutlich höher. Bedeutet: BCAAs allein sind zwar gut, intakte Proteine, die alle essenziellen Aminosäuren enthalten, sind aber noch besser.

Wer dennoch nicht auf BCAAs verzichten möchte, sollte die Einnahme auf 4-6 Portionen à 3 g BCAAs aufteilen. Bei Dosierungen über 10 g BCAAs pro Portion kann es zu Übelkeit, Blähungen oder Durchfall kommen. Bei längerfristiger Einnahme sollten Nieren- und Leberwerte regelmäßig kontrolliert werden.

BCAAs gegen Muskelkalter.

BCAAs werden auch häufig mit der Versprechung „verhindert Muskelkater und Muskelschädigung“ verkauft. Wissenschaftliche Belege für diese Aussage gibt es bis dato nicht. Es handelt sich also häufig um einen bloßen Verkaufstrick.

Auch andere postulierte Effekte, wie Unterstützung des Fettabbaus, Reduktion des Muskelabbaus oder geringere Ermüdung durch die Einnahme von BCAAs konnten wissenschaftlich nicht belegt werden. Hochwertige Proteine wie Molkenprotein in Milchprodukten oder die gezielte Kombination von mehreren pflanzlichen Proteinquellen haben aufgrund des breiteren Aminosäurenspektrums einen eindeutigen Vorteil für Muskulatur und sportliche Leistungsfähigkeit.

Fazit.

Die Einnahme von BCAA-Supplementen ist in einer ausgewogenen, bedarfsorientierten Sporternährung somit überflüssig. Vielmehr sollte der Fokus auf eine ausreichende Eiweißzufuhr, eine gute Eiweißqualität und das richtige Protein-Timing gelegt werden.

Autorin: Birgit Kogler BSc, Diätologin: https://www.ernaehrungsberatung-kogler.at/

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Quellen:

Bundesinstitut für Riskobewertung. (2019). Nahrungsergänzungsmittel – Isolierte verzweigtkettige Aminosäuren können bei hoher Aufnahme die Gesundheit beeinträchtigen. Stellungnahme Nr. 052/2019 des BfR vom 20. Dezember 2019. Online im WWW unter: https://www.bfr.bund.de/cm/343/nahrungsergaenzungsmittel-isolierte-verzweigtkettige-aminosaeuren-koennen-bei-hoher-aufnahme-die-gesundheit-beeintraechtigen.pdf Letzter Zugriff am: 20.6.2022 

Egger C. (k.J.) BCAAs im Sport und was sie wirklich bringen. Österreichische Gesellschaft für Sporternährung. 

Fouré A, Bendahan D. (2017). Is Branched-Chain Amino Acids Supplementation an Efficient Nutritional Strategy to Alleviate Skeletal Muscle Damage? A Systematic Review. Nutrients. 2017;9(10):1047. 

Graumann L, Walter UN, Krapf F (2019) Regeneration. Jeden Tag erholt, ausgeschlafen und erfolgreich. Riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH, München.

Lamprecht M, Holasek S, Konrad M et al. (2017). Lehrbuch der Sporternährung. Das wissenschaftlich fundierte Kompedium zur Ernährung im Sport. 1. Auflage. CLAX Fachverlag GmbH, Graz.